Wie funktioniert überhaupt ein elektrostatischer Schallwandler?

Das Ganze beruht auf der Anziehung und Abstoßung von elektrischen Ladungen. Ladungen gleicher Polarität stoßen sich ab, Ladungen unterschiedlicher Polarität ziehen sich an. Ein elektrostatischer Wandler besitzt drei Elektroden. Zwei davon, die Äusseren, sind statisch, also unbeweglich gelagert. Die dritte, mittlere Elektrode ist beweglich. Die mittlere Elektrode wird gegenüber den äußeren Elektroden positiv vorgespannt (BIAS), das heisst im Ruhezustand, ohne Anlegen einer Signalspannung bleibt sie genau in der Mitte, da von beiden Seiten die gleiche Anziehungskraft auf sie wirkt (linkes Bild). Wird nun eine Signalspannung auf den äußeren Elektroden der negativen Vorspannung überlagert (rechtes Bild) so ändert sich das Kräfteverhältnis. Abhängig von Grösse und Polarität der Signalspannung wird die mittlere Elektrode verschieden stark in die eine oder andere Richtung ausgelenkt.

Der Vorteil eines solchen Schallwandlers: Die treibende Kraft wirkt gleichmässig auf die gesamte Fläche der Elektrode und nicht wie bei einem dynamischen Schallwandler auf einen Punkt in der Mitte der Membrane. Partialschwingungen können so nicht entstehen, der Schallwandler arbeitet sehr  verzerrungsarm. Durch Verwendung einer extrem dünnen Folie werden hier nur geringste Massen bewegt, was sich durch ein sehr gutes Impulsverhalten äussert.

 

Schauen wir uns die Verhältnisse der vereinfachten Darstellung oben einmal etwas genauer an. Die bewegliche Membrane bildet zu den Statoren zwei Kapazitäten deren Gesamtkapazität sich wie folgt berechnet:

Abhängig von der Auslenkung der Membrane ändern sich auch die Kapazitätsverhältnisse, was bedeutet je größer die Auslenkung der Membrane, desto grösser die Gesamtkapazität. Geht Δd gegen d hat man hier Kapazitätsänderungen die ein vielfaches der Ruhekapazität betragen kann. Wegen der Beziehung

Q=CU

fließt während der Auslenkung ein Strom auf oder von der Membrane. Interessant sind die auf die Membrane wirkenden Kräfte die sich wie folgt berechnen lassen:

Wie man unschwer erkennt besteht keine lineare Abhängigkeit zwischen Kraft und Abstandsänderung. Grund hierfür ist das Nachlfliessen von Ladungsträgern bei sich  ändernden Kapazitäten während der Auslenkung der Membrane. Aufgrund dieser Nichtlinearitäten ist diese Variante für einen Schallwandler mit grösserer Membranauslenkung ungeeignet.

Ganz anders sieht es aus, wenn vor die Membrane ein hochohmiger Widerstand geschaltet wird. Dieser verhindert das Nachladen der sich ändernden Kapazitäten während der Auslenkung der Membrane, und das bedeutet

Q = CONSTANT

Die Spannung zwischen Membrane und Stator die vorher konstant war ändert sich jetzt wie folgt:

Die Membranspannung ändert sich jetzt proportional zum Abstand, und das bedeutet ein elektrisches Feld konstanter Grösse, unabhängig von der Auslenkung der Membrane!

Berechnet man jetzt die Kraft die auf die Membrane wirkt, dann erhält man eine Größe die proportional zur angelegten Signalspannung ist, und keinerlei Abhängigkeiten mehr zur Auslenkung zeigt.

Auch die Kapazitätsverhältnisse haben sich grundlegend geändert. Aus einer Parallelschaltung wird nun eine Reihenschaltung mit konstanter Kapazität.

Ein weiterer Vorteil dieser Variante ist der Schutz gegen Spannungsdurchschlag zwischen Membrane und Stator. Da die elektrische Feldstärke jetzt konstant ist reduziert sich die Spannung linear zum Abstand und würde bei Berührung gegen 0 Volt gehen.

Nach diesem Prinzip arbeiten heute alle hochwertigen Elektrostaten, egal ob Kopfhörer oder Lautspecher. Mit derart linearen Verhältnissen lassen sich Schallwandler realisieren deren Verzerrungspegel weit unter 1% liegt.

 

verwendete Formelzeichen:

CPARALLEL

Gesamtkapazität Parallelschaltung

CREIHE

Gesamtkapazität Rheihenschaltung

C

Kapazität

UMEMBRANE

Spannung zwischen Membrane und Stator

USIGNAL

Signalspannung

UBIAS

Biasspannung

U

Spannung

Q

Ladung

A

Fläche

E

Feldstärke

F

Kraft

d

Abstand

Δd

Abstandsänderung

ε

Dielektrizitätskonstante